Bruce: Die Springsteen-Biografie (German Edition) by Peter Ames Carlin
Autor:Peter Ames Carlin [Carlin, Peter Ames]
Die sprache: deu
Format: mobi
ISBN: 9783841902283
Herausgeber: Edel
veröffentlicht: 2013-03-10T23:00:00+00:00
Kapitel 15
MAN KANN IMMER ETWAS STREICHEN
Die Sitzordnung an dem langen Tisch in Bruceâ Esszimmer, an dem sie in den Pausen ihre Mahlzeiten einnahmen, war sehr aufschlussreich: In der Mitte saÃen die meisten Musiker â Max Weinberg, Roy Bittan, Garry Tallent, Danny Federici, Clarence Clemons â, Bruceâ Tourmanager und Chefsekretär (Rick Seguso, später Bob Chirmside) und alle, die sonst gerade da waren. Bruce selbst saà am Kopfende, direkt daneben sein bester Freund, Co-Gitarrist, Co-Arrangeur, Stratege und Mitverschwörer Steve Van Zandt. »Bruce und Steve waren ständig im Gespräch miteinander, tauschten sich aus«, erklärt Weinberg. »Charlie Watts hat erzählt, dass es bei Keith [Richards] und Mick [Jagger] genauso war. Ein unglaubliches Gespann. Bruce war der Visionär. Er hatte die Ideen und schrieb die Songs, auch wenn er sie nicht immer komplett ausarbeitete. Und Steve war der Mechaniker, der wusste, an welchen Stellschrauben man drehen muss, damit ein Song perfekt funktioniert.«
In den anderthalb Jahren nach der Veröffentlichung von Born to Run sah ein Tag für die Band etwa folgendermaÃen aus: Man traf sich um vierzehn Uhr in dem holzgetäfelten Aufnahmeraum in Bruceâ Haus in Holmdel. Die Musiker feilten an Livearrangements, verpassten den Coverversionen, die sie in ihr Liveset aufnehmen wollten, ihren eigenen Stempel, peppten ältere Songs auf und versuchten sich an neuen, die Bruce in seinem Notizbuch sammelte. Vielleicht lag es an der Angst vor der drohenden Pleite oder an der hohen Anspannung infolge des Prozesses, dass Bruce zu jener Zeit produktiver war als jemals zuvor. Er nahm eine Gitarre in die Hand, setzte sich an ein Klavier oder gönnte sich einen ruhigen Moment, und schon sprudelten die Songs nur so aus ihm heraus â manchmal mehrere hintereinander. Alle neuen Nummern präsentierte er der Band. Manche waren bereits komplett ausgearbeitet, andere waren noch ziemlich unfertig â sie bestanden aus kaum mehr als einer Strophe, einem Riff und Textfragmenten, teils auch nur aus einem einzigen Wort. Letzteres war beispielsweise der Fall bei einem auf vier Akkorden basierenden Rocksong. Als Bruce ihn zum ersten Mal im Proberaum spielte, sang er als Refrain nur das Wort »Badlands«. Daneben gab es noch Rocknummern über hübsche Mädchen und schnelle Autos, Liebesballaden, Klagelieder über hinterhältige Freundinnen, Porträts über AuÃenseiter, Streetracer und hoffnungslos Verliebte sowie Roadsongs.
Steve war hingerissen von Bruceâ neuem Songmaterial. Die PopNummern, wie »Ainât Good Enough for You«, »Fire« oder »Rendezvous«, hatten etwas von der Beschwingtheit der Hits aus den späten 50er- und frühen 60er-Jahren, die sie als Teenager im Radio gehört hatten. Hingegen erinnerten »Talk to Me«, »Itâs a Shame« und »The Brokenhearted« an Soulmusik. Wieder andere Songs schienen von anderen musikalischen Strömungen inspiriert worden zu sein. AuÃerdem gab sehr emotionale, komplexe Lieder, die auf die verschiedenen Kämpfe anspielten, die Bruce ausgefochten hatte. Zu diesen zählten beispielsweise »The Promise«, »Something in the Night«, »Breakaway« und »Racing in the Street«. Diese Musik war enorm kraftvoll und sehr bedeutend. »Er selbst nahm es gar nicht als etwas AuÃergewöhnliches wahr; ich fand, es war die Krönung«, sagt Van Zandt. »Persönlich zu sein ist einfach. Auch originell zu sein ist einfach, ob du es glaubst oder nicht.
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